Antisozialistische und antirepublikanische Politik
Januar 1919
Gerlich gelangt in den Vorstand des „Reichsbürgerrats“, einer liberalen und antikommunistischen Bewegung. Er verfasst auch deren Programm.
April 1919
Sein Einsatz gegen den Bolschewismus zwingt Gerlich während der Räterepublik zum Aufenthalt in Nürnberg und Bamberg. In Oberfranken wirbt er Freiwillige für die Einwohnerwehren.
Mai 1919
Nach der Niederschlagung der Räterepublik Übernahme leitender Funktionen im „Heimatdienst Bayern für Ordnung, Recht und Aufbau“ und dessen Wochenschrift „Feurjo“.
1. August 1919
Rückkehr in den Archivdienst.
13.-15. Dezember 1919
Auf dem Reichsparteitag der Deutschen Demokratischen Partei in Leipzig vertritt Gerlich nationalistische außenpolitische Vorstellungen.
April 1920
Misslungener Wechsel in die Politik
12. Mai 1920
Gerlichs Wahl zum hauptamtlichen Stadtrat in München wird für ungültig erklärt.
6. Juni 1920
Erfolglose Kandidatur für die Deutsche Demokratische Partei bei den Wahlen zum Reichstag und zum Landtag.
1920
Veröffentlichung des Buches „Der Kommunismus als Lehre vom Tausendjährigen Reich“ im Verlag Hugo Bruckmann in München. Gerlich rechnet den Kommunismus zu den Erlösungsreligionen und verurteilt den verbreiteten Antisemitismus.
Wechsel in die Tagespublizistik
1. Juli 1920
Gerlich wird Hauptschriftleiter der „Münchner Neuesten Nachrichten“. Diese größte Zeitung Süddeutschlands war von einer Gruppe rheinisch-westfälischer Schwerindustrieller aufgekauft worden, um damit die politische Rechtsopposition zu stärken. Die Anteilseigner vertritt Paul Nikolaus Cossmann.
Gerlich erhält weitgehende Rechte und Unabhängigkeit garantiert. Trotzdem kommt es in den folgenden Jahren immer wieder zu Versuchen einer Einflussnahme auf seine politische Linie.
Er bringt die Zeitung auf einen antisozialistischen und antirepublikanischen Kurs und unterstützt die halbparlamentarischen „Beamtenregierungen“ in Bayern.
9. Oktober 1920
Heirat Gerlichs mit Sophie, geschiedene Botzenhart, geborene Stempfle. Die Ehe blieb kinderlos.
Gerlichs Programm: „Nationale Demokratie“
1921/22
Der Chefredakteur („Marxistentöter“) unterstützt die Sonderstellung der „Ordnungszelle Bayern“. Er lehnt die nach dem politischen Mord an Erzberger (1921) erlassene Verordnung des Reichspräsidenten „zum Schutz der Republik“ ebenso ab wie das entsprechende Reichsgesetz nach der Ermordung Rathenaus (1922), da sie in Länderrechte eingriffen.
1922
Gerlichs Einsatz für eine „nationale Demokratie“ mit nationalistischer Zielsetzung begünstigt die rechtsgerichteten „Vaterländischen Verbände“, unter denen die NSDAP das Übergewicht gewinnt.
Die „Münchner Neuesten Nachrichten“ engagieren sich für den von Cossmann geführten „Kriegsschuldprozess“, eine politische Auseinandersetzung mit der Kriegsschuldfrage.
Schwankende Haltung im Krisenjahr 1923
Januar 1923
Nach der Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen kritisiert Gerlich die nicht entsprechend „nationale“ Antwort der Reichsregierung.
29. Januar 1923
Die „Münchner Neuesten Nachrichten“ fordern die Wahl eines bayerischen Staatspräsidenten und tolerieren die Obstruktionspolitik der Nationalsozialisten unter Führung Hitlers.
27. September 1923
Zustimmung zur Einsetzung Gustav von Kahrs als Generalstaatskommissar.
Der gescheiterte Hitler-Ludendorff-Putsch
Gerlich unterstützt die von Kahr angestrebte Rechtsdiktatur durch Mitarbeit an dessen „Regierungsklärung“ vom Abend des 8. November 1923 im Bürgerbräu. Er wird von Hitlers Ausrufung „nationaler“ Regierungen des Reiches und Bayerns überrascht und beeindruckt.
Nach dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch am folgenden Tag ändert Gerlich seine Position und entwickelt sich zu einem entschiedenen Gegner Hitlers und des Nationalsozialismus.